Ein Reisebericht - Zur Situation in SFL und Nicaragua
Seitdem im April 2018 die Proteste gegen das Ortega-Murillo-Regime ausgebrochen waren und sich in der Folge der blutigen Niederschlagung der Proteste eine knallharte Diktatur entwickelt hatte, war es nicht nur für unseren Verein, sondern generell nicht mehr möglich weltwärts-Freiwillige nach Nicaragua zu entsenden. Aus diesem Grund aber auch wegen Corona gab es nur noch im Sommer 2019 eine Reise von Vorstandsmitgliedern nach San Francisco Libre. Zudem lag es auch an den Repressionen gegen NGOs in Nicaragua und den Berichten über verweigerte Einreisen bei Menschen mit Verbindungen zu NGOs. In diesen Sommer ist trotz anhaltender Spannungen im Land wieder ein Vorstandmitglied nach Nicaragua geflogen und hat sowohl unsere Partner vor Ort in San Francisco Libre besucht, als auch das Land bereist.
In San Francisco Libre hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. So wurde die Straße in Richtung Leon vollständig gepflastert, aber auch im Ort selber sind immer mehr Straßen und Wege gut befestigt worden. Das Dorf hat seit kurzem einen Aussichtspunkt (Mirador) bekommen, von dem man einen wunderschönen Blick auf die Vulkankette aber insbesondere auf den Managua-See und die Vulkane Momotombo und Momotombito hat. Nachts sind sogar die Lichter von Managua zu sehen. Zudem hat sich das Dorf vergrößert da neue Wohngebiete erschlossen wurden. Bezüglich der Einwohner ist deutlich zu beobachten, dass aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation, vermehrt Menschen ins Ausland abwandern um dort zu arbeiten um ihre Familien in SFL finanziell zu unterstützen. Erkennbar sind viele Häuser in den letzten Jahren erheblich modernisiert und/oder vergrößert worden. Ein weiteres Thema, das die Menschen derzeit stark bewegt, sind die Pläne bezüglich der ungenutzten Landebahn im Landkreis. Es soll dort zukünftig einen internationalen Flughafen geben, der auch die Landung großer Flugzeuge und somit Direktflüge aus Europa ermöglicht. Noch ist das aber Zukunftsmusik und es ist auch nicht das erste Mal, dass Gerüchte über derartige Pläne im Umlauf sind. Dennoch wäre ein solcher Flughafen wirtschaftlich natürlich ein enormer Gewinn für die Menschen vor Ort. Ökologisch ist dieses Projekt ohne Zweifel fraglich und auch der Bedarf für einen solchen Flughafen darf wohl bezweifelt werden.
Während es all diese Veränderungen in San Francisco Libre gibt, hat APREDEN auch ohne die Mitarbeit der Freiwilligen die gute Arbeit in den Projekten fortgeführt und neben neuen Projekten, wie dem Bienenzuchtprojekt und anderen Aktivitäten (für mehr Details sei hier auf die Rundbriefe der letzten Jahre verwiesen) den Status quo in der Bibliothek und auf La Guayabita gehalten. Bedenkt man die sonstigen Umstände der letzten Jahre (politische Krise, Repression gegen NGOs, Corona-Pandemie) und das Fehlen der Arbeitskraft durch die weltwärts-Freiwilligen, so ist es insgesamt eine sehr zufriedenstellen Situation. Man konnte erkennen, dass es nötig ist Möglichkeiten zu suchen, wie man die Projekte auch ohne Freiwillige weiterentwickeln kann, denn auf Dauer soll es natürlich eine Weiterentwicklung geben. So sieht man dem Gebäude der Bibliothek an, das es mittlerweile auch schon fast 10 Jahre alt ist. Hier muss versucht werden über aus Drittmitteln geförderte Projekte die notwendigen Investitionen zu tätigen um den Kindern und Jugendlichen in San Francisco Libre auch in Zukunft einen modernen Treffpunkt für Bildung und Freizeitaktivitäten bieten zu können. Auf der Guayabita gibt es ebenfalls Entwicklungspotential, aber auch dafür fehlt die notwendige Arbeitskraft.
Des Weiteren gab es während der Reise auch ein Treffen mit der deutschen Botschaft, die schon seit längerer Zeit gut mit APREDEN kooperiert. Ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist z. B. der Bau des Klassenzimmers für den Englisch- und IT-Kurs. Bei dem Treffen wurde über die Möglichkeiten weiterer Projektfinanzierungen gesprochen, aber auch über die Lage im Land und die Verweigerung der Einreise für die eigentlich geplanten, deutschen Freiwilligeneinsätze. Hier zeigte sich, dass wir und auch APREDEN von den nicaraguanischen Behörden nicht unter besonderer Beobachtung stehen. Die Einreise des Vorstandsmitglieds war trotz der klaren Positionierung des Nicaragua-Vereins gegen die Ortega-Murillo-Diktatur ohne Probleme möglich. Die Verweigerung der Einreise gegenüber den Freiwilligen ist eher auf grundsätzliche diplomatische Spannungen zwischen Deutschland und Nicaragua zurückzuführen, unter anderem aufgrund der Klage Nicaraguas gegen Deutschland vor dem IGH.
Auch wenn man vieler Orts das Gefühl hat in einem ganz gewöhnlichen Land in Zentralamerika unterwegs zu sein (die Sicherheit für Touristen*innen ist optimal), so kann man als Reisender mit offenen Augen und Ohren die Diktatur doch überall erkennen Sobald die aktuelle Lage im Land zum Thema wird, werden die Menschen sehr einsilbig oder aber der Rahmen der Unterhaltung ist derart vertraulich, dass es auch negative Äußerungen gibt. Auch wurde deutlich, dass Menschen gezwungen waren, an Propagandaveranstaltungen der Regierung, wie der Revolutionsfeier am 19. Juli, teilzunehmen, da sie von ihren Arbeitgebern dazu verpflichtet wurden. Ebenso ist es sehr auffällig, wie überall im Land die Fahne der FSLN deutlich präsenter ist, als die offizielle Flagge des Staates, gerade auch an staatlichen Gebäuden und Institutionen, wie z.B. Polizeistationen, Schulen oder Krankenhäusern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Reise Zuversicht gegeben hat, dass die Projekte trotz der widrigen Umstände weiterhin erfolgreich fortgeführt werden können. Dennoch bleibt die Angst vor der Repression und des jederzeit möglichen Verbots von APREDEN. Letztendlich bleibt nur zu hoffen, dass sich die Nicaraguaner*innen daran erinnern, wie man erfolgreich Widerstand gegen eine Diktatur leistet.
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